03. Januar 2020
Ob Oberschenkel, Becken oder Hüfte – ein Knochenbruch in hohem Alter hat oft schwerwiegende Folgen. Denn die meist sturzbedingten Verletzungen älterer Menschen müssen intensiv betreut werden und andere bestehende Erkrankungen beeinflussen oft den Heilungsprozess. Die Expert*innen der Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums Ulm und der AGAPLESION BETHESDA KLINIK ULM behandeln betroffene Patient*innen ganzheitlich und auf höchstem Niveau. Gemeinsam wurden die beiden Kliniken nun als Alterstraumazentrum (ATZ) zertifiziert.
Durch den medizinischen Fortschritt und einen höheren Lebensstandard ist die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland in den letzten Jahrzehnten auf knapp 80 Jahre angestiegen. Dementsprechend wächst auch der Bedarf an altersgerechten Behandlungen in der Alterstraumatologie: Menschen über 70 sind sturzanfälliger und leiden oft an Begleiterkrankungen, die die Behandlung und den Heilungsverlauf eines Knochenbruchs negativ beeinflussen. Ganz vorne dabei ist hier die Osteoporose, bei der die Knochen an Dichte und Stabilität verlieren. Osteoporose verursacht somit nicht nur Brüche, sondern erschwert auch deren Behandlung, da z.B. Implantate schlechter im Knochen halten. „Eine im Prinzip unkomplizierte Fraktur kann für ältere Menschen – besonders, wenn sie an Osteoporose leiden – einen langen Klinikaufenthalt und im schlimmsten Fall den Verlust ihrer Selbstständigkeit bedeuten“, erklärt Professor Florian Gebhard, der die Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie am Universitätsklinikum Ulm leitet. „Gemeinsam können wir diese Patientinnen und Patienten optimal und ihren Bedürfnissen entsprechend behandeln. Dass wir nun als Alterstraumazentrum zertifiziert wurden, ist das Ergebnis jahrelanger Anstrengungen unseres gesamten Teams und eine Auszeichnung, über die wir uns sehr freuen“, ergänzt Professor Michael Denkinger, Ärztlicher Direktor der AGAPLESION BETHESDA KLINIK ULM, die auf die Behandlung altersbedingter Erkrankungen spezialisiert ist.
Bereits bei der Aufnahme älterer Patient*innen mit bestimmten Frakturen am Universitätsklinikum Ulm wird ein sogenannter ISAR-Test durchgeführt. Mit Hilfe dieses Tests klären die Ärztinnen und Ärzte, ob Patient*innen eine spezielle geriatrische Versorgung benötigen. Trifft dies zu, werden die Betroffenen von Anfang an interdisziplinär von den unfallchirurgischen und geriatrischen Expert*innen beider Kliniken betreut. Um eine nahtlose und schnelle Versorgung zu gewährleisten, pendeln die Fachärzt*innen mit einem eigenen Konsiliardienst-Fahrzeug zwischen den beiden Kliniken. Aufgrund des hohen Alters der Patient*innen ist es sehr wichtig, rekonstruierende Operationen so schnell wie möglich durchzuführen. Eine frühe Vollbelastung ist entscheidend für die spätere Mobilisierung, denn wenn der Knochen belastet wird, baut er sich auf, ohne Belastung baut er sich weiter ab.
Zu der weiteren interdisziplinären Behandlung gehören beispielsweise gemeinsame Teamkonferenzen, in denen die einzelnen Fälle besprochen werden, sowie unfallchirurgisch-geriatrische Visiten. „Unsere Behandlungsziele können wir nur zusammen mit der Geriatrie erreichen“, betont Professor Florian Gebhard. „Indem wir unsere Fachkompetenzen miteinander verknüpfen, können wir unfallverletzte geriatrische Patientinnen und Patienten ganzheitlich und auf höchstem Niveau versorgen. So beugen wir zum Beispiel typischen altersspezifischen Komplikationen vor.“
Haben geriatrische Patient*innen nach der traumatologischen Behandlung am Universitätsklinikum Ulm noch akute medizinische Probleme, werden sie auf der Akutstation der AGAPLESION BETHESDA KLINIK ULM weiter betreut. Patient*innen, denen es bereits besser geht, können auch für die Reha in derselben Klinik bleiben oder eine ambulante Rehabilitation fortsetzen. Auch während ihres Aufenthalts in der Klinik oder Reha werden alle ATZ-Patient*innen sowohl von geriatrischen als auch von unfallchirurgischen Expert*innen des Universitätsklinikums Ulm betreut. „Von der Aufnahme bis zur Entlassung planen wir gemeinsam die gesamte Therapie. Durch diese interdisziplinäre Zusammenarbeit können wir die Verweildauer unserer Patientinnen und Patienten in der Klinik deutlich verkürzen und so meist auch ihre Lebensqualität nach dem Klinikaufenthalt verbessern“, betont Professor Michael Denkinger.
Die Initiative AltersTraumaZentrum DGU® wurde von der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) ins Leben gerufen, um die Sicherheit und Qualität in der Versorgung älterer Patient*innen zu erhöhen. Das Zertifizierungsverfahren AltersTraumaZentrum DGU® wird seit 2014 von der DGU durchgeführt und verantwortet.